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Barrierefreiheit

Was bedeutet Barrierefreiheit?

Im digitalen Kontext bedeutet Barrierefreiheit, dass eine Dienstleistung so gestaltet ist, dass sie für alle zugänglich ist, unabhängig von individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen. Meist denken wir dabei an Menschen mit Behinderungen. Zum Beispiel an jemanden, der nicht sehen kann oder dem ein Arm fehlt. Neben diesen dauerhaften Einschränkungen gibt es aber auch vorübergehende Behinderungen, beispielsweise durch Verletzungen. Eine dritte Möglichkeit ist die situative Behinderung. Dies kann ein Vater sein, der ein Kind auf einem Arm trägt und deshalb nur einen Arm frei hat. Es gibt also eine viel größere Anzahl von Personen, die wir nicht einbeziehen, wenn wir die Standards der Barrierefreiheit nicht einhalten.

Wie sieht die gesetzliche Landschaft aus?

Die EU-Richtlinie 2016/2102 legt fest, dass Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen barrierefrei zugänglich sein müssen. Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Gesetze und Richtlinien zur digitalen Barrierefreiheit gelten in Deutschland zum einen auf Bundesebene und zum anderen auf Landesebene. Die Regelungen auf Landesebene unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Die Regelungen in den einzelnen Bundesländern findest du im Portal Barrierefreiheit der Dienstekonsolidierung des Bundes. Die Darstellung auf der Webseite des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik veranschaulicht die Zusammenhänge der verschiedenen gesetzlichen Regelungen.

Zur Erfüllung der behördlichen Anforderungen ist die Internetseite der Bundesaufsichtsstelle für die Barrierefreie Informationstechnik (BFIT) eine gute Anlaufstelle. Dort werden regelmäßig alle notwendigen Informationen zur Umsetzung dieser Verordnung in deutscher Sprache veröffentlicht und damit die Lücken der Norm (DIN EN ISO 9241-161 bzw. EN 301 549 v3.2.1) und der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) geschlossen.

Welche Standards erfüllt KERN?

Die KERN Code-Basis, die die Grundlage für die Komponenten des Design-Systems bildet, basiert technisch auf KoliBri-Komponenten und erfüllt die dort aufgeführten Kriterien. Die KERN Komponenten erfüllen mindestens das AA-Level nach BITV 2.0. In der Dokumentation der einzelnen Komponenten finden sich weitere Informationen und Hinweise zur Handhabung. Die Komponenten des KERN Design-Systems sind getestet und entsprechen den Richtlinien zur Barrierefreiheit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein damit entwickeltes Angebot automatisch barrierefrei ist. Barrierefreiheit muss im jeweiligen Gesamtkontext entwickelt und überprüft werden. Die Verantwortung dafür liegt bei den umsetzenden Teams, nicht bei KERN.

Wie gestaltest du deine Dienstleistung barrierefrei?

Wer ist verantwortlich für Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit ist eine Teamaufgabe. Vielleicht gibt es im Team eine Person, die sich mit dem Thema Barrierefreiheit besonders gut auskennt, aber auch andere Teammitglieder tragen Verantwortung. Researcher:innen sollten Menschen mit Behinderungen in Interviews und Umfragen einschließen. Designer:innen achten auf Kontraste und Usability. Projektmanager:innen achten darauf, dass Zeit für die Schaffung von Barrierefreiheit eingeplant wird. Je nachdem, welche Rollen es im Team gibt, kann jede:r etwas beitragen.

Testarten

Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, müsste jede Seite einzeln überprüft werden. Dies ist jedoch bei umfangreichen Diensten oder Websites aufwändig. Daher müssen repräsentative Seiten ausgewählt werden, die zusammen möglichst alle potentiellen Barrieren abdecken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Barrierefreiheit zu testen:

  • Selbstaudit: Besonders wenn dein Team oder deine Organisation nur eingeschränkt auf Barrierefreiheitsexperten zugreifen kann, hilft der BITV-Selbsttest weiter. Beispielsweise können dadurch Barrieren bereits während der Entwicklungsphase vermieden werden. Einen abschließenden Expertentest ersetzt der Selbsttest allerdings nicht.

  • User Testing: Nutzer:innen-Tests unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen bringen Licht ins Dunkel. Es ist jedoch zu beachten, dass dies kein Ersatz für ein detailliertes Audit ist.

  • Ausführliche Audits (Konformitätstests): Beauftrage einen Anbieter mit den entsprechenden Qualifikationen, um ein detailliertes Audit der Inhalte und Funktionen durchzuführen.

Erklärung zur Barrierefreiheit

Die Erklärung zur Barrierefreiheit nach § 12b des Behindertengleichstellungsgesetzes ist in einem barrierefreien und maschinenlesbaren Format zu veröffentlichen und muss von der Startseite und von jeder Seite einer Website erreichbar sein. Hierfür gibt es Muster für die verschiedenen Bundesländer. Bei mobilen Anwendungen ist die Erklärung an der Stelle zu veröffentlichen, an der die mobile Anwendung heruntergeladen werden kann, oder auf der Website der öffentlichen Stelle.

Leichte Sprache und deutsche Gebärdensprache

Nach § 4 BITV 2.0 sind die auf der Startseite (Home) einer Webseite enthaltenen Informationen in leichter Sprache und in deutscher Gebärdensprache bereitzustellen. Mehr Information gibt es in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0).

Allgemeine Richtlinien

Es gibt viele Details und Richtlinien, hier grob die wichtigsten Punkte. Detaillierte Informationen finden sich in den Handreichungen der BFIT und der EN 301 549.

Wahrnehmbarkeit von Farbkontrasten

Schriften benötigen ein Kontrastverhältnis von 3:1, wenn sie größer als 24px sind. Wenn sie genau 24px oder kleiner sind, erfordert dies ein Kontrastverhältnis von 4,5:1. Grafiken und grafische Bedienelemente benötigen ein Kontrastverhältnis von 3:1. Werden diese fokussiert, muss ein Kontrastverhältnis von mindestens 3:1 vorhanden sein.

Alternativtexte

Bei verlinkten Grafiken sind Zweck und Ziel des Links anzugeben. Beschreibe informative Grafiken mit Text. Bei dekorativen Grafiken lass das Alt-Attribut ungefüllt.

Hinweis: Alternativtexte sind auch eine SEO Optimierung.

Skalierbarkeit

Webseiten müssen auf 320px (Hoch- und Querformat) skalierbar sein. Mit Ausnahme von Untertiteln und Bildern eines Textes kann die Größe von Text ohne technische Unterstützung um bis zu 200 % verändert werden, ohne dass der Inhalt oder die Funktionalität beeinträchtigt wird. Für Inhalte (z.B. Tabellen, Bilder), die nicht skaliert werden können, ist horizontales Scrollen möglich.

Tastaturbedienbarkeit

Gestalte Online-Dienste so, dass sie auch mit der Tastatur bedienbar sind, auch im mobilen Kontext (Apps). Tastaturkurzbefehle sind abschaltbar oder umstellbar. Es sollte keine Tastaturfallen geben. Eine Tastaturfalle liegt dann vor, wenn der Inhalt einer Webseite zwar über eine Tastaturschnittstelle bedient werden kann, es aber nicht möglich ist, mit den üblichen Tasten zwischen verschiedenen Inhaltstypen zu wechseln. Häufig kommt der Fokus dann nicht mehr per Tastatur aus einem Inhalt heraus, sondern zirkuliert in einem Bereich.

Bewegte Inhalte

Bewegte Inhalte lenken ab. Vermeide den Einsatz von Slidern und anderen bewegten Elementen, begrenze deren Einsatz auf 5 Sekunden oder mache sie abschaltbar. Weitere Informationen zu Anmationen findest du in den Handreichungen der BFIT zum Thema Animation.

Robustheit

Achte auf die Kompatibilität mit assistiver Technologie. Die korrekte Syntax kann über den W3C Markup Validation Service getestet werden. Das bedeutet einerseits, dass die Semantik von HTML korrekt sein muss und andererseits, dass keine IDs doppelt vergeben werden dürfen. Außerdem müssen Statusanzeigen (z.B. Ladeanzeigen, Meldungen) von Screenreader direkt erfasst werden können.

Videos

Ein Video mit Ton ist untertitelt oder es wird eine mediale Alternative angeboten. Die Tools unterstützen die Untertitelung (auch live). Informationen, die im Video visuell dargestellt werden, müssen auch auf andere Weise vermittelt werden. Dies kann entweder eine Beschreibung des Gesehenen sein oder eine Volltextalternative zum Video, so dass die Informationen über einen Text wahrnehmbar sind.

Redaktionelle Inhalte

Auch redaktionelle Inhalte wie Podcasts, PDF- oder Office-Dokumente sollten barrierefrei sein. Texte dafür werden individuell erstellt, daher gibt es Richtlinien und Hinweise zu Sprache und Tonalität. Das SHUFFLE-Projekt der HdM Stuttgart hat drei erweiterte Checklisten in deutscher Sprache veröffentlicht, die erläutern, wie du Office-Dokumente zugänglich machen kannst. Zu jeder erweiterten Checkliste gibt es ein deutschsprachiges Erklärvideo. Für Word, Excel und PowerPoint sind detaillierte Anleitungen verfügbar. Das SHUFFLE-Projekt bietet auch Schulungen zur Erstellung barrierefreier Office-Dokumente an.